6. Tag: Geist der Geduld

Die Karmelitin und Mystikerin Teresa von Avila gilt als eine bedeutende Reformerin der katholischen Kirche in Spanien. Ihre Klosterregeln zeichneten sich vor allem durch einen geschwisterlichen Lebensstil, die Einübung ins Ich-Sterben (Freiwerden vom Ego) und die Pflege einer intensiven Freundschaft mit Gott aus. Allem sollte Demut – verstanden als ständiges Bemühen um Selbsterkenntnis – zugrunde liegen. Damit hob Teresa sich klar vom damals gängigen Reformideal ab, das auf Rigorismus und Bussübungen setzte, womit man sich Gottes Gunst zu erwerben und zu erhalten hoffte. Ihr Ansatz war geprägt vom Geist der Geduld: Geduld mit sich selbst, Geduld mit den Gegebenheiten und Geduld im Warten und Hören auf Gott. Es war ihr ein Anliegen, dass der Mensch sich immer wieder von neuem als der, der er ist, Gott zuwenden soll. Dabei soll der Mensch nichts verdrängen oder abwerten, sondern sich bewusst sein, so vom menschgewordenen Gott geliebt zu sein, «der sich über die Schwächen der Menschen nicht entsetzt, sondern Verständnis hat für unsere armselige Lage». Bei diesen Bemühungen, lesend, schauend, nachsinnend ihm nahe zu sein, «widerfuhr es mir, dass mich ganz unverhofft ein Gefühl der Gegenwart Gottes überkam, so dass ich in keiner Weise bezweifeln konnte, dass Er in meinem Innern weilte oder ich ganz in Ihm versenkt war».

Ihr wohl berühmtester Satz lautet: «Solo Dios basta» – erst Gott reicht aus, um wirklich Erfüllung zu schenken. Man kann diesen Text eigentlich nicht erklären. Er erschliesst sich erst, wenn man es wie Teresa macht: wenn man mit ihm lebt. Für Teresa war es ein Text, der ihr Mut machte und ihr in Erinnerung rief, woher sie Kraft bekommt, ihren Weg zu suchen und zu gehen. Der Text half ihr auch geduldig zu sein, wenn Ungeduld aufkam. Oder wie sie es selber formuliert: «… dass Gott da ist, dass er den Weg weiss, wo ich keinen mehr sehe, dass er Atem hat, wo mir der Atem ausgeht, dass er der Meister ist, ich (nur) der Jünger, dass die Welt, selbst wenn sie aus den Angeln fiele, nicht aus seinen Händen fallen kann …»

Nichts soll dich verstören,
nichts dich erschrecken,
alles vergeht,
Gott ändert sich nicht.
Geduld
erlangt alles;
wer Gott hat,
dem fehlt nichts;
Gott nur genügt.

Auferstandener und erhöhter Christus, du hast uns vorgelebt, was Geduld haben meint. Sende uns den Geist der Geduld. Wir bitten dich, schenke uns Geduld mit uns selber, dass wir nicht verzagen und verzweifeln, weil wir nicht so sind, wie wir gerne wären. Lass uns nachsichtig sein, wenn unsere Mitmenschen unsere Nerven strapazieren. Ja, sende uns deinen Geist der Geduld! Amen.


6. Tag: Teresa von Avila (1515 – 1582): Geist der Geduld