Am letzten Sonntag wurden sie in unserer Kirche vorgelesen – die 10 Gebote. In der Version aus dem Buch Exodus (Kapitel 20,1-17). Haben uns diese uralten Worte heute noch etwas zu sagen? Eine Antwort gibt die Kinderbuchautorin Brigitte Endres in ihrem Buch „Justus und die 10 Gebote“ aus dem Jahr 2017 (ISBN-13: 9783629013989). Peter Zürn stellt das Buch vor und denkt die Geschichte weiter. In 10 Folgen. So fängt es an:
Stellen Sie sich vor, ihr Kind kommt aus der Schule nach Hause und stöhnt: Ich muss die 10 Gebote auswendig lernen. So was Ödes! Immer nur: du sollst, du sollst.“ Wie reagieren Sie? „Das mussten wir früher auch. Das schadet dir gar nicht“, ist eine Möglichkeit. „Sei froh, dass es nur 10 und nicht 99 sind“, eine andere. Möglich ist aber auch. dass Sie über ihren Sohn oder ihre Tochter selbst in die Auseinandersetzung mit den 10 Geboten hineingezogen werden. Das könnte so ablaufen:
Justus kommt aus der Schule nach Hause und … (siehe oben). Er würde viel lieber das Modelflugzeug zusammenbauen, das ihm sein Opa geschenkt hat. Eine Seagull X4. Mit Fernsteuerung. Da meint Opa überraschenderweise, dass der Modellbausatz und die 10 Gebote viel gemeinsam haben. Die Gebote seien auch eine Art Anleitung, „eine Anleitung für ein glückliches Leben.“ Während Justus und sein Opa in dessen Werkstatt die Seagull X4 bauen, unterhalten sie sich. Opa Karl erzählt, dass er als Kind auch Mühe hatte mit den 10 Geboten. Und dass er erst später, als Erwachsener, verstanden hat, was sie wirklich bedeuten. Mit einer Karte von Tante Luise zu seiner Hochzeit fing es an. „Gott ist die Liebe“ stand da drauf. Dieser Satz machte ihm klar, was mit dem ersten Gebot gemeint war. „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“, das heisst: „Das Wichtigste in deinem Leben soll die Liebe sein.“ Opa fährt fort: „Und wenn du die Augen offen hältst, wirst du sehen, dass wir jeden Tag mit den 10 Geboten zu tun haben.“ Und tatsächlich. Das erste Gebot kommt wieder ins Spiel, als Justus‘ Mutter erzählt, dass ihr Chef eine seit vielen Jahren bewährte Mitarbeiterin entlassen hat. Sie war in letzter Zeit oft krank, weil sie an einer hartnäckigen Nierengeschichte leidet. Der Chef ist ein fleissiger Kirchgänger, aber Opa Karl meint: „Es nützt gar nichts, in der Kirche in der ersten Reihe zu sitzen, wenn man anderen Göttern dient.“ Justus horcht auf: „Glaubt Mamas Chef an andere Götter?“ „Allerdings“, sagt sein Opa. „An den Gott ‚Geld‘, an den Gott ‚Profit‘, an den Gott ‚Gier‘. Für die tut er alles.“ (Weiter lesen)
Peter Zürn
(erstmals veröffentlicht als Artikelserie in Horizonte Aargau 2010)