Zum Nationalfeiertag

Reflexion zu Meinungsverschiedenheit, Einheit und Frieden

«Das isch mini Meinig». Wie oft überhaupt hören/sagen wir dieses beinahe hochheilige Wort hierzulande? Ein Sinnbild für die Entfaltung und den Respekt der Meinungsverschiedenheit im Tempel der direkten, populären Demokratie. Dabei sollen sprachliche und kulturelle Unterschiede nicht zu kurz kommen. Die Achtung von Andersdenkenden als Kollektivum oder Individuum in Form von Sichtweise, Beschluss, Vorschlag sichert paradoxerweise die Einheit ab und bewirkt auch somit den Frieden bzw. das harmonische Zusammenleben. Gott sei Dank. Dies ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Denn nicht selten bilden opponierte Auffassungen, unterschiedliche Kultur- und Sprachvermögen ein immenses Konfliktpotential und schaden damit dauerhaft dem Miteinanderdasein. Im internationalen Vergleich kann man sagen, da hat es die Schweiz geschafft. Sicher auf politischer Ebene gilt die Eidgenossenschaft als eine Ausnahme, als eine der wenigen Ausnahmen auf der Welt. Vielfalt, kulturelle und sprachliche Unterschiedlichkeiten untermauern die Einheit. Wo etliche Länder mit vielen Sprachregionen seit Jahrzehnten/ Jahrhunderten um friedliches Zusammensein ihrer Bevölkerung bangen, legt das helvetische Volk ein rätselhaftes Beispiel und vornehmendes Vorbild der Harmonie ab.  Nicht alles was glänzt ist Gold. Immerhin funktioniert das System.Was ist dabei das Schweizer Rezept? Vielleicht müsste man sich hier nur noch mit Erklärungsversuchen aus Anekdoten begnügen. Den Satz «Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch» kennen wir aus der Bibel. Das hat Jesus seinen Jüngern unmittelbar vor seiner Heimkehr zum himmlischen Vater gesagt. Der Legende nach soll ein Schweizer dabei gewesen sein, als Jesus Christus vor seiner Himmelfahrt seinen Jüngern den Frieden zusprach und hinterliess. Der Ausländer aus der fernen Schweiz, der in Palästina Ferien machte, beobachte die Abschiedsszene ganz genau, schnappte sich die eigentlich für die Jünger bestimmte Friedensbeute und flüchtete in seine Heimat. Hier wurde der Friedensschatz von Generation zur Generation sorgfältig gepflegt.So möchten wir den Nationalfeiertag als einen Tag des Dankes und des Lobes begehen. Dieser Dank ist bereits in der Nationalhymne verankert. Alberich Zwyssig, Benediktinermönch aus dem Kloster Wettingen, der den 1840 von Leonhard Widmer verfassten Text ein Jahr später in ein Lied umschrieb, hob die besondere Gottesfügung und -begleitung sowohl im Leben einzelner Menschen als auch in der Geschichte des Schweizer Volkes hervor. Alles ist Gabe Gottes. Gott ist es, der sein Land führt, … das ahnt die fromme Seele, bekennt der Mönch. Mit anderen Worten: alles, was uns hierzulande beschert wurde, ist und wird, haben wir dem waltenden und rettenden Gott zu verdanken: das Land, Werte, davon den Frieden, die Einheit des Volkes, die Vielfalt der Sprachen und Kulturen, die Neutralität, die Lebensqualität. Somit ist der Nationalfeiertag in erster Linie ein Tag des Dankes und des Lobes an Gott, Schöpfer und Begleiter unseres Daseins. Nur eine Meinung, mini Meinig.

Abbé Zacharie