
An der Wand meines Büros im Pfarramt Neuenhof hängen 6 Bilder. Fotografien sind es. Von Landschaften. Zusammen bilden sie einen Weg. Einen Weg von Killwangen nach Würenlos. Ich bin diesen Weg mit meinem Kollegen Christian gegangen und er hat dabei die Fotos gemacht. Wir gehen diesen Weg wieder und dann zusammen mit anderen Männern. Und mit Bruder Klaus. Jetzt, Anfang August, wenn es hoffentlich schön warm ist. Denn wir werden die ganze Nacht draussen sein. Bilder werden uns begleiten. Bilder, die Bruder Klaus in Visionen gesehen hat. Das Bild von einem Brunnen, aus dem drei Ströme fliessen und fliessen und immerzu überfliessen. Ein Brunnen in einem Palast. Dem Palast unseres Lebens. Von welchen überfliessenden Geschenken in meinem Leben werde ich erzählen? Welche Geschichten werde ich von anderen hören? Ich stelle mir vor, dass die Erzählungen, die wir uns schenken, selbst ein Teil des überfliessenden Brunnens sind.
Ein Pferd und eine Lilie werden weitere Bilder sein, die uns begleiten. Bruder Klaus hat ein wunderschönes Pferd gesehen und eine weisse Lilie, die bis zum Himmel wächst. Im Pferd hat er seine Arbeit als Bauer und Viehzüchter erkannt, die ihn und seine Familie ernährt. In der Lilie hat er seine Berufung erkannt, die ihn himmelwärts, gottentgegen zieht. Dann hat sich die Lilie herabgebeugt und ist vom Pferd gefressen worden. Stehen Pferd und Lilie im Konflikt miteinander? Schliesst das eine das andere aus? Muss ich wählen? Oder kann ich mich am wunderschönen, starken Pferd und an der hochwachsenden Lilie gleichermassen freuen, weil es Zeit und Raum für beide gibt? Und dass die Lilie, wenn sie denn mal gefressen wird, wieder neu wächst? Solchen Fragen mit anderen Männern, mit anderen Pferdezüchtern und Himmelstrebenden, nachzugehen, darauf freue ich mich.
Die Bilder an der Wand meines Büros zeigen Treppen, die wir hinauf- und wieder hinuntergehen werden. Sie zeigen Uferwege der Limmat entlang, die wir in Stille und im Gespräch gehen werden. Und Kathedralen aus Bäumen, in denen wir uns einfinden werden. Die Wege dieser Nacht werden uns zu vor Kraft strotzenden und brummenden Lebensadern führen und in die Stille, die gar nicht weit weg auf uns wartet. Sie werden uns vor Herausforderungen stellen, von denen die Grösste ist, uns anderen zu zeigen, so wie wir sind und zu hören: Gut, dass du da bist.
Peter Zürn