Zum Bericht der Universität Zürich zu den sexuellen Missbräuchen in der römisch-katholischen Kirche
Liebe Gläubige im Bistum Basel,
der Schlussbericht der Universität Zürich zu den sexuellen Missbräuchen in der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz erschreckt. Die sexuellen Übergriffe durch Kleriker belasten mich schwer. Ich bin erschüttert und sprachlos über die Vorkommnisse; sie sind mit dem Evangelium nicht vereinbar.
Die aktuellen Berichterstattungen und Diskussionen haben sehr viel Leid und Belastung ausgelöst, zuallererst bei den Betroffenen sexuellen Missbrauchs und ihren Angehörigen, aber auch bei Ihnen.
Meine Gedanken sind bei den Betroffenen. Was sie durch Übergriffe von Klerikern erlebt haben, ist schwer vorstellbar: Die Erlebnisse haben verstört und zerstört, haben Vertrauen zu Menschen und ins Leben gebrochen und viele an ihrer Lebensentfaltung, am Aufbau tragfähiger Beziehungen gehindert. Manche Betroffene können erst nach vielen Jahren über das Vorgefallene sprechen. Ich versichere Ihnen, dass ich mich für die vollständige Aufarbeitung einsetze. Alles Geschehene muss ans Licht kommen. Denn die Betroffenen haben Anspruch auf Gerechtigkeit. Ich bin mir bewusst, dass erlittenes Unrecht und Verletzungen nicht rückgängig gemacht werden können. Ich kann die Betroffenen nur um Vergebung bitten und versuchen, meinen Beitrag zur Heilung der Wunden zu leisten. Ich anerkenne die Fehler, die im Bistum Basel geschehen sind, übernehme für die Schuld unserer Bistumskirche die Verantwortung und bitte für den zugefügten Schmerz um Verzeihung.
Und meine Gedanken sind auch bei Ihnen, liebe Gläubige. Viele unter Ihnen sind verunsichert durch die Nachrichten der letzten Tage und Wochen und fragen sich, welchen Seelsorgenden sie noch vertrauen können. Mir ist es sehr wichtig, Vertrauen in der Kirche wiederzugewinnen. Ich bemühe mich nach Kräften, dass Menschen in einer glaubwürdigen Kirche den Seelsorgenden mit Vertrauen begegnen können. Daher ist es mir auch ein Anliegen, dass alles, was in den letzten Jahren unternommen wurde, nicht übersehen wird: Durch ein Klima der Offenheit und Prävention wird im Bistum Basel seit langem das diözesane Schutzkonzept «Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld: Prävention und Intervention» umgesetzt. Diese Massnahmen gilt es weiter zu verbessern und sie auch innerlich überzeugt mitzutragen zur gegenseitigen Wertschätzung und Achtsamkeit, gerade im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit. Es ist mein Ziel, im Bistum stets aufmerksamer zu werden für Situationen, die Missbrauch begünstigen, um sofort angemessen reagieren zu können. Ich werde alles dazu beitragen, dass immer mehr eine Kultur der Achtsamkeit und des respektvollen Umgangs miteinander wächst – und das Leben in unseren Pfarreien und kirchlichen Einrichtungen prägt.
Allen, die in der Seelsorge stehen und ihren Dienst achtsam, sorgfältig und verantwortungsbewusst ausüben, danke ich sehr. Und ich danke auch Ihnen aufrichtig, liebe Gläubige, dass Sie gerade in diesen schwierigen Zeiten ihre Zugehörigkeit zu unserer Kirche bekräftigen.
Ich glaube an die Gerechtigkeit des Evangeliums und an dessen Leucht- und Wirkkraft für unser Leben, welcher die Kirche dient. Ich glaube daran, dass diese Leucht- und Wirkkraft uns alle nicht trotz allem, sondern gerade jetzt ganz besonders ein Leitstern ist. Daran versuche ich mich als Ihr Bischof zu orientieren. Ich danke Ihnen für Ihre Verbundenheit und Unterstützung im Gebet.
Mit meinen Segenswünschen und freundlichen Grüssen
Felix Gmür, Bischof von Basel