«Ihre Geschichte muss erzählt werden» heisst es auf dem Filmplakat. Wer den Film, der diese Woche in den Schweizer Kinos angelaufen ist, schon gesehen hat, wird das wohl bestätigen. Jedenfalls ging es der gar nicht so kleinen Gruppe aus der Pfarrei Neuenhof so, die sich am Freitagabend im Kino Sterk in Baden getroffen hat, um sich «Maria Magdalena» anzuschauen. Leise kommt der Film daher, alltägliche Szenen, kein grosses Spektakel. Aber so berührend, dass einige Tränen geflossen sind. Vielleicht über Judas, der sich so sehnlich erhofft hat, seiner Frau und seinem kleinen Kind wieder zu begegnen, die verhungert sind, weil die römischen Besatzungstruppen die ganze Getreideernte beschlagnahmt haben. Wenn Jesus das Reich Gottes ausruft, dann – so hoffte er und so erlebte er mit Jesus – werden die Toten auferstehen. Und so hat er ihn den Mächtigen ausgeliefert, damit er anfängt mit dem erwarteten neuen Reich. Vielleicht flossen die Tränen auch über den Tod Jesu am Kreuz, mit dem so viele Hoffnungen zerbrochen sind, nicht nur die des Judas. Auch die der Maria von Magdala, mit der wir durch die Nacht des Todes hindurchgehen zum Morgen und zu einer neuen Erkenntnis, was Jesus wirklich gemeint haben könnte: die Einladung und die Ermächtigung zu liebevollem Handeln zwischen Menschen im Vertrauen auf Gott. Apostel und Apostelin sein in der Zuwendung zu Gott und den Menschen. In der Schlussszene entscheiden sich die Männer um Petrus für einen anderen Weg – den des Felsen, auf dem ihre Kirche stehen soll. Was wäre für eine Kirche möglich gewesen und wirklich geworden, wenn sie Maria von Magdala gefolgt wäre? Auch dieser Gedanke lässt Tränen fliessen. Der Film aber ermutigt zu der Vision, was in dieser Kirche und durch die Kirche möglich ist und wirklich werden kann, wenn sie die Geschichte der Maria von Magdala wieder aufnimmt, sie erzählt und neu lebendig werden lässt. Papst Franziskus ist Teil dieser Geschichte. Genau wie zahllose andere Frauen und Männer.
Viel Zeit nimmt sich der Film für das Leben Marias in Magdala, dem kleinen Fischerort am See Genezaret. Frauen flicken die Netze und werfen sie aus. «So viel Zeit müsste man haben», rufen sie sich zu, als sie die Männer zu dem Wanderprediger und Heiler aus Nazaret laufen sehen. Wenig Wahlmöglichkeiten haben sie. Maria wählt trotzdem ihren eigenen Weg – gegen alle Widerstände. Von der Möglichkeit, den eigenen Weg zu wählen, sich gegen verzehrenden Hass zu entscheiden und sich dem Leben zuzuwenden, erzählt der Film in leisen und berührenden Szenen. Immer wieder wird gezeigt, wie Menschen schlafen, aufwachen und mit offenen Augen und Herzen in den neuen Tag voller Möglichkeiten gehen. Bilder von täglicher Auferstehung.
Berührend auch die Bilder, in denen Jesus lehr und heilt. Nicht von oben herab, sondern aus der Beziehung auf Augenhöhe heraus. Im Gespräch zwischen Menschen entwickelt sich die Rede von Gott. Durch zärtliche Berührung fliessen Kräfte des Lebens. Diese Geschichte muss erzählt werden. Der Film erzählt sie auf berührende Weise. Anschauen!!!
Peter Zürn