Am heutigen Sonntag befassen wir uns mit der Frage Jesu an seine Jünger: «für wen halten mich die Leute».
Damals stand die Identitätsfrage des Mannes aus Nazareth im Zentrum seines öffentlichen Wirkens; sie fungierte als roter Faden seines Auftretens in der damaligen jüdischen Gesellschaft. Wer ist dieser Jesus? Ist er der wohl lange ersehnte Messias oder nicht? Die Evangelisten berichten genügend über zahlreiche Auseinandersetzungen mit dem jüdischen Establishment, das sich immer wieder schwertat, diesen Wanderprediger und Wunderheiler einzuordnen. Allen voran die Pharisäer und die Sadduzäer, konservativ gerichtete religiöse Gruppierungen, welche Handlungen und Äusserungen Jesu immer wieder kritisch und womöglich mit Entsetzen und spöttischem Lächeln quittierten. Selbst die Verwandtschaft Jesu geriet in Verlegenheit und Verwirrung: seine Mutter und seine Brüder versuchten ihn zu überzeugen, er soll sich doch aus der öffentlichen Tätigkeit zurückziehen. Johannes der Täufer, sein Cousin, möchte sich vergewissern über die Identität seines Verwandten, ob er der Messias sei oder nicht. Offensichtlich hat die Intervention Gottes des Vaters bei der Taufe des Sohnes im Fluss Jordan nicht gereicht, um den Täufer langfristig vom «Messias-sein» Jesu dauerhaft zu überzeugen. Denn Johannes der Täufer ist es, der später seine Jünger zu Jesus senden wird, um sich zu erkundigen, ob Jesus der erwartete Messias sei oder nicht. Angesichtes solcher Verwirrung ist der Schluss des Johannes-evangeliums wohl verständlich, wenn dort geschrieben steht: «Diese (Zeichen) sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist…» (Joh 20,31).
Heute hat sich m.E. die Fragestellung verändert. Auch wenn die Messias-Frage in manchen Kreisen immer noch gegenwärtig bleibt, geht es uns, die Jesus Christus durch die Taufe und weitere Sakramente der Kirche gefolgt sind, nicht darum, dieses Messias-sein infrage zu stellen. Für uns Christen stellt sich die Frage: welches ist meine Beziehung zu Jesus? Wer ist Jesus für mich in der heutigen Zeit?
Vor einiger Zeit hatte ich ein Gespräch mit einer Frau fortgeschrittenen Alters. Ich höre jetzt noch die Überzeugungskraft, welche aus ihrer Stimme kam. In ihrem jungen Leben war sie engagiert in ihrer Pfarrei. Dann entfernte sie sich nach und nach von der Kirche. Irgendwann erfolgte der Austritt aus der Kirche. Sie spürte jedoch, dass ihre Liebe zu Christus nicht erloschen war. Mittlerweile ist sie wieder, in die Gemeinschaft der Christen, eingetreten. Nach wie vor bewundert sie diesen Jesus, «diesen besonderen Menschen», wie sie ihn nannte. Ich frage nach, warum Jesus so ein besonderer Mensch ist?
(Fortsetzung auf Homepage Pastoralraum. Impuls zum Sonntag)