Gedanken zur christlichen Tagesstruktur

Gedanken zur christlichen Tagesstruktur

In einer Radiosendung zum Thema Religionswechsel ging es auch um die Frage der Motivation, welche zu diesem Schritt geführt hat. Dazu äusserte sich eine junge Frau, katholisch aufgewachsen, unter anderem hätte sie am neuen Ort eine von der Religion geprägte Tagesstruktur gefunden. Offenbar hatte sie dies bislang nicht gekannt.

Diese Aussage hat mich aufhorchen lassen und nachdenklich gestimmt. Wie wurde diese junge Frau in unsere Religion eingeführt und begleitet? Gerade die katholische Tradition des Christlichen ist von einer Glaubenspraxis geprägt, welche genau das bewirken will: Dem täglichen Leben eine religiös geprägte Form geben, mit Gott durch den Tag gehen.

Dazu sind wir als Christinnen und Christen (nicht nur als katholische) stets eingeladen. Zum Beispiel mit der Hinwendung zu Gott den Tag anfangen und ihn auf gleiche Weise beschliessen. Klassisch formuliert: Mit einem Morgen- und Abendgebet. Auch in der Mitte des Tages steht die Einladung zum verweilenden Gebet. Dreimal am Tag läuten Kirchenglocken – am Morgen, am Mittag, am Abend. Sie rufen genau dazu auf; dieses Läuten nennt sich nicht umsonst «Betläuten». Ein stilles, persönliches oder allenfalls gemeinschaftliches Gebet um gutes Ankommen, gute Heimkehr und gutes Gelingen dessen, was an diesem Tag ansteht, ruft in Erinnerung, dass wir begleitet sind, bittet darum und dankt dafür.

Zudem gibt es spezielle, vorformulierte Gebete. «Ora et labora – Bete und arbeite», das ist die Maxime des Benediktinerordens. Alles soll Gottesdienst sein. Aber dem Gebet, so schreibt Benedikt von Nursia in seiner Mönchsregel, dem Gebet soll nichts vorgezogen werden. Mehrmals am Tag wird in den Klöstern gebetet, nicht nur im Orden des heiligen Benedikt. Man spricht vom Stundengebet oder von der Tagzeitenliturgie, als Feier, als Beten, eingebettet in den Rhythmus des Tages. Das «Stundenbuch», das Gebetbuch der Kirche, ist nicht nur etwas für Ordensleute, Weltpriester und Diakone. Es wird heute als «Kleines Stundenbuch» auch von vielen Gläubigen allein oder in kleinen Gruppen gebetet. Es hält sich an das Morgen- und Abendgebet der Kirche eines jeden Tages. Und es gibt noch weitere Hilfen zum Beten.

Liebe Leserin, lieber Leser, es gibt also durchaus eine christliche/katholische Tagesstruktur. Aber man muss einander darauf aufmerksam machen, hinführen, sie einüben und pflegen. So, dass sie sich in der einen oder anderen Form ganz selbstverständlich in den Tag einfügt. Feste Gebete zu kennen ist hilfreich, und deren Kraft ist nicht zu unterschätzen. Wer sich für Unterlagen oder eine Einführung interessiert, kann sich gerne bei mir melden: josef.stuebi@pfarreibaden.ch oder Tel. 056 222 57 15.

Mit den besten Wünschen für eine gesegnete Woche und Adventszeit
Josef Stübi, Pastoralraumpfarrer