Die Kolpingsfamilie Baden und Umgebung bildet ein Teil des internationalen Kolpingwerkes (ca. 400’000 Mitglieder weltweit), welches religiös motiviert ist, im kirchlichen Leben eingebunden und sich stark in sozialen Aufgaben und Projekten engagiert. Sie zählt aktuell rund hundert Mitglieder und durfte letztes Jahr Mitte Oktober in der Stadtkirche Baden ihr 150-jähriges Bestehen feiern. Der Festgottesdienst wurde musikalisch und gesanglich würdig begleitet. Es erklang die Choralmesse von Anton Bruckner (1824 – 1896). Zahlreich waren die anwesenden Fahnendelegationen, wenn auch coronabedingt in personell geringem Aufmarsch. Die Predigt hielt der ehemalige Zentralpräses, Pfarrer Eduard Birrer. Der Präsident, Josef Emmenegger, führte die Anwesenden mit einer Bilderpräsentation durch 150 Jahre Geschichte. Zu Beginn der Feier gedachten die Anwesenden des ältesten Mitgliedes, des 98-jährigen Josef Weber: Er was genau halb so lange Mitglied wie die hiesige Kolpingsfamilie alt ist und starb schicksalshafterweise in der Morgenfrühe dieses Sonntages.
Anschliessend begab sich die Festgemeinschaft zum gemütlichen Beisammensein – im Rahmen des coronabedingt Erlaubten. Garniert mit einigen Grussadressen und vom Präsidenten organisierter musikalischer Unterhaltung verging der Nachmittag in kameradschaftlich-familiärer Atmosphäre wie im Fluge. Die Kolpingsfamilie war und ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil des Badener Pfarreilebens, sondern hat Mitglieder aus dem ganzen Pastoralraum. Deshalb widmen wir uns in den folgenden drei Horizonte-Ausgaben dieser wichtigen Vereinigung, die weiteren Publikationen finden Sie fortlaufend an dieser Stelle.
Josef Stübi, Präses der Kolpingsfamilie Baden und Umgebung
Adolph Kolping – sein Lebenswerk
Am 8. Dezember 1813 in Kerpen bei Köln geboren, wuchs Adolph Kolping als Sohn eines Lohnschäfers mit vier Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen auf. Nach Schule und Ausbildung zum Schuhmacher ging er auf Lehr- und Wanderjahre. Dabei lernte er das Elend der Handwerkergesellen kennen. Nach nachgeholter Matura, Theologiestudium in München und Bonn und Priesterseminar in Köln, wurde er 1845 zum Priester geweiht.
An seiner ersten Kaplanstelle in Elberfeld lernte er den Lehrer Johann Gregor Breuer und den von jenem im Jahre 1846 gegründeten katholischen Gesellenverein kennen, dessen zweiter Präses er wurde. Darin erkannte Kolping ein Instrument gegen die drohende materielle und geistige Verwahrlosung der Arbeiterjugend. Von Breuer inspiriert, gründete er – nun Domvikar in Köln – am 6. Mai 1849 mit sieben Handwerksburschen den Kölner Gesellenverein. Von Köln aus trugen die wandernden Gesellen die Vereinsidee von Kolping in die Welt hinaus. Er selbst, auch schriftstellerisch und journalistisch tätig, vermochte durch Publikationen und öffentliche Auftritte aktuelle Missstände offenzulegen, seinem Projekt starken Nachhall zu verschaffen und in der Folge mancherlei Not zu lindern.
1854 gründete er eine eigene Zeitschrift, die «Rheinischen Volksblätter», welche bald zu den erfolgreichsten katholischen Presseorganen gehörte. 1858 wurde er zum Generalpräses aller bestehender Vereine gewählt, 180 an der Zahl. Unvermindert setzte er seine ganze Kraft ein, den Gesellenverein weiter zu verbreiten. Hierfür unternahm er mitunter beschwerliche Reisen. Im Mai 1862 pilgerte er nach Rom, um Papst Pius IX. (1792 – 1878) sein Werk vorzustellen. Als Anerkennung schenkte ihm dieser ein kostbares Messgewand.
Ab Frühjahr 1865 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand. Vier Tage vor seinem 52. Geburtstag, am 4. Dezember, starb Adolph Kolping. Zuerst bestattet auf dem Melatenfriedhof, befindet sich sein Grab heute in der Kölner Minoritenkirche, in welcher er einst zum Priester geweiht wurde und deren Rektor er war. Sein Grab – ein vielbesuchter Wallfahrtsort für Kolpingleute! Adolph Kolping wurde am 27. Oktober 1991 von Papst Johannes Paul II. auf dem Petersplatz in Rom seliggesprochen.
150 Jahre Kolpingsfamilie Baden und Umgebung
Am 5. November 1870 gründeten zehn junge Männer den Gesellenverein Baden. 1878 wurde in der Pfarrkirche Wettingen die erste Fahne geweiht. Als Folge starken Zuwachses wurde 1906 an der mittleren Gasse in Baden das «Haus zur Tanne» gekauft, rege benutzt und alsbald wegen Baufälligkeit verkauft. Neuer Standort wurde das Kellergeschoss vom Josefshof am Theaterplatz 1. Jahre später wurde das Kolpinglokal an den bis heute aktuellen Standort, an den Kirchplatz 5 in Baden, verlegt.
Im Jahre 1945 war Baden der Austragungsort der Zentralkonferenz des Schweizerischen Gesellenvereines. Ein weiterer für die Vereinsgeschichte grosser Tag war der 9. September 1956: Der 5. Schweizerische Gesellentag, unter Beteiligung von mehreren Tausend Gesellen und des Bischofs von Chur, Christian Caminada, wurde in Baden durchgeführt. 1975 gab es mit einem Mal dreissig neue Mitglieder: Den Frauen wurde die Vereinstüre geöffnet! Der Gesellenverein änderte den Namen zu Kolpingsfamilie. Alois Möckel, der damalige Regionalleiter, initiierte 1996 den ersten Arbeitseinsatz der Kolping-Region Aargau/Olten. Seit 2006 führt die Kolpingsfamilie Baden jährlich einen eigenen mehrtägigen Freiwilligeneinsatz durch. Bei diesen werden Bergbauernfamilien und Korporationen bei Erneuerungen von Gebäuden unterstützt. So kann Eigenleistung erhöht und die finanzielle Last reduziert werden. Während fast vierzig Jahren, das letzte Mal im Jahr 2011, wurde jeweils im Herbst die Texaid-Kleidersammlung durchgeführt – eine Gesamtmenge von circa 2’500 Tonnen Alttextilien kamen so zusammen. Mit dem Erlös konnten lokale soziale Anliegen, aber auch nationale und internationale Kolpingprojekte mit ansehnlichen Beiträgen unterstützt werden. 1998 startete Josef Tremp mit vier Kolpingfreunden die Begehung des Jakobsweges in der Schweiz. Seitdem gib es die Badener Kolping Wandergruppe. Im gleichen Jahr organisierte Edgar Müller den ersten Heimattag. Dabei werden wichtige und historisch bedeutsame Orte des Kantons Aargau besucht. Seit 2005 sind ebenfalls die Kolpingfrauen mit einer eigenen Wandergruppe unterwegs.
In den vergangenen 150 Jahren hat die Kolpingsfamilie Baden und Umgebung Vieles und Grosses geleistet – ganz nach einem Wort des Gründers, Adolph Kolping: «Tut jeder in seinem Kreis das Beste, wird es bald in der Welt auch besser aussehen.»
Kolping International
«Geht zu allen Völkern …» (Mt 28,19). Diesen Aufruf Jesu hat die Kolpinggemeinschaft erfolgreich umgesetzt. Mittlerweile ist KOLPING INTERNATIONAL eine lebendige, solidarische Weltfamilie, deren Mitglieder sich, inspiriert durch die zeitlosen Impulse von Adolph Kolping, vor Ort in den Bereichen Kirche, Gesellschaft und Politik einsetzen und in der sich alle umeinander kümmern. Der christliche Glaube und die Ideale Adolph Kolpings dienen als Basis des Handelns, ebenso das Vertrauen auf die Talente der Einzelnen, um dem Ganzen zu dienen. «Gemeinsam engagieren wir uns für eine gerechte Welt und helfen Menschen, ihre Armut aus eigener Kraft zu überwinden» ist auf der Webseite zu lesen. KOLPING INTERNATIONAL ist demokratisch organisiert, mit Kolpingsfamilien als kleinste lokale Einheiten. Die Kolpingfamilien eines Landes bilden in der Regel einen Nationalverband. KOLPING INTERNATIONAL ist dabei sowohl die Gemeinschaft aller Kolpingmitglieder weltweit als auch Partner der Kolpingverbände in Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa in der Entwicklungszusammenarbeit. Ob in Europa, Afrika, Asien oder Amerika: In mehr als 8’800 Kolpingsfamilien haben sich über 400’000 Mitglieder vereint, die sich gegenseitig helfen und gemeinsam etwas für alle Menschen bewegen wollen. KOLPING INTERNATIONAL setzt sich für den Aufbau einer starken Zivilgesellschaft, Gerechtigkeit und Frieden weltweit ein. Auch beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen in New York sowie bei der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf ist KOLPING INTERNATIONAL vertreten; mit Fokus auf der Durchsetzung sozialer Standards in der Arbeitswelt und die Einhaltung von Menschenrechten. Das höchste beschlussfassende Gremium ist die Generalversammlung, welche sich aus dem Generalrat und den Delegierten der Nationalverbände oder der Länderdelegierten zusammensetzt. Damit endet diese kleine Reihe – initiiert durch das 150-jährige Jubiläum der Kolpingfamilie Baden und Umgebung. Wie überall, so sind auch bei uns Neumitglieder stets willkommen. Ich danke dem unermüdlichen Präsidenten Josef Emmenegger für die Unterlagen, welche er mir aus seinem Archiv für die Ausarbeitung dieser Artikel zur Verfügung gestellt hat.